Kambodscha 115. Tag

Siem Reap – Angkor

Tempelpause und statt dessen ein Blick in die Gegenwart der Stadt Siem Reap. Dazu haben wir uns ein Führerin organisiert. Natürlich laufen wir die Sehenswürdigkeiten der Stadt ab, aber sie dienen vor allem als Kulisse für ihre Schilderungen des kambodschanischen Alltaglebens. 

Zwischen den Auslagen der Marktfrauen lernen wir, das hier das Konzept des dekorativen Vorgartens völlig unbekannt ist. Statt dessen wird jedes Eckchen für die Nahrungsproduktion verwendet. Was dabei heraus kommt, bieten sie ab 4:30 Uhr in der Früh hier für sehr kleines Geld an. 

Bei einer Führung darf man das Objektiv mal tief in die Auslagen stecken

Ebenfalls so früh auf den Beinen sind die buddhistischen Mönche. Sie bitten mit ihren speziellen Schalen um Speisen für sich und Bedürftige. Ihnen nichts zu geben kommt für gläubige Buddhisten kaum in Frage. Trotz langer und fester Gepflogenheiten verändert die Gegenwart auch das Leben vieler Mönche. Immer weniger entscheiden sich für diesen entbehrungsreichen Weg und auch die Rückkehr in den weltlichen Alltag kommt immer häufiger vor. Für uns sichtbar wird dies auch im Straßenbild. Ab der Mittagsstunde fehlen Mönche dort völlig. Traditionell zumindest – heute sieht man sie in den Highschools, im Bus, auf einem Taxiroller oder sogar bei KFC rund um die Uhr. Und manchmal sind es eben gar keine wirklichen Mönche, sondern Personen die die Gutgläubigkeit und Spendenbereitschaft – vor allem der älteren Landbevölkerung – ausnutzen. 

Ein Mythos verspricht denjenigen Glück, die einen verletzten Vogel aufpäppeln und ihn wieder fliegen lassen. Daher sieht man besonders vor Tempelanlagen, Vogelhändler, die Dutzende auf der Straße eingefangene Spatzen in winzige Käfige gepfercht, zum Verkauf anbieten. Hier ist Mitgefühl fehl am Platz ebenso wie bei Kindern, die kleine Waren verkaufen sollen. Nur wenn keiner mehr kauft, findet so etwas ein Ende. 

In vielerlei Hinsicht beeindrucken uns die Kambodschaner, wie sie stets ungemein freundlich und einfallsreich sehr problematische Umstände meistern. Keine Kindergärten etwa – hier muss die Familie herhalten oder die Kleinen spielen direkt an der Straße neben der Garküche der Mutter. Ein öffentliches  Gesundheitssystem nur für Kinder bis 18. Wer älter krank wird, kann sich einen Arzt IdR nicht leisten und konsultiert statt dessen einen Apotheker – Apotheken gibt es hier daher auch an jeder Ecke – oder nimmt sich einen Streifen Pillen im Supermarkt mit.

Kambodscha zählt zu den ärmsten, aber zugleich auch den Ländern mit der höchsten Korruption. In vielen Belangen hängt das Land von anderen ab. Krankenhäuser, Stromversorgung, Straßenbau und vieles mehr kommen aus dem Ausland, allen voran aus China. 

In kaum einer Hinsicht gute Aussichten für die Zukunft, aber ihr Glück zu suchen ist auch den meisten verwehrt, da sie die Gebühr für einen Pass nicht zusammensparen können. Aber es gibt auch individuelle Erfolgsgeschichten: In der Pubstreet reihen sich diverse Gastrobetriebe unterschiedlichster Art aneinander – 90 Prozent davon mit dem gleichen Eigentümer.

Schwere Kost. Da passt es, dass wir unseren Bericht zu Sihanoukville noch um den Link zu einem Podcast über die Online-Mafia hier ergänzt habe. 

Im unserer chicken Bleibe warten am Nachmittag Pool und ein traditionelle Khmer Massage auf uns. Aber morgen müssen wir ganz früh in Topform sein, denn es geht zum Sonnenaufgang nach Angkor Wat. Ein Klassiker.

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